Das römische Baalbek


Baalbek heute

Die libanesische Stadt Baalbek, auf einer Hochebene in 1100 m Höhe gelegen, hat heute fast 100 000 Einwohner. Der Ort ist besonders nach dem libanesischen Bürgerkrieg (1975-1990) stark angewachsen und mit seinen Vororten verschmolzen.

Baalbek ist die größte Stadt im inneren Libanon und ein Zentrum für die ganze Region. Berühmt für Süßigkeiten, die schon in den Märchen aus 1001er Nacht erwähnt werden, und für Sfiha, gefüllte Teigtäschchen, die es nur dort gibt, aber auch als ideeller Gründungsort der Hizbollah.

Das Gebiet um Baalbek ist sehr fruchtbar, es wird intensiv Landwirtschaft betrieben.

In Baalbek befindet sich eine Ansammlung römischer Ruinen, die weltberühmt sind und schon seit Jahrhunderten Reisende anlocken.

Seit 1984 gehören sie zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Arbeitsplatz eines Archäologen: Blick über Tempelruinen in Baalbek
Die Ruine des Rundtempels in Baalbek in seinem Heiligtum. Im Hintergrund die moderne Stadt.

Geschichte Baalbeks

Quellen

Über das antike Baalbek – in griechischer und römischer Zeit hieß der Ort Heliopolis – erzählen uns nur wenige Quellen etwas. Die wichtigsten Informationen sind die archäologischen Quellen, also die Überreste, in erster Linie die gewaltigen Ruinen.

Seit über 100 Jahren sind viele Forscher in Baalbek tätig und haben durch Ausgrabungen immer neue Entdeckungen machen können.

Nur wenige Sätze stammen aus der sonst so umfangreichen römischen Literatur: Aus der Werken von Strabon, Flavius Josephus und Plinius dem Jüngeren, Claudius Ptolemäus, Lukian von Samosata und Ulpian erfahren wir meist nur nebenher, dass der Ort überhaupt existierte. Am meisten erfahren wir noch vom spätantiken Autoren Macrobius, der von Orakeln in Baalbek erzählt.

Für knapp 60 Jahre hatte Baalbek am Ende des 2. und in der ersten Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. das Recht, Bronzemünzen zu prägen. Dadurch haben wir einige antike Abbildungen der Tempel und erfahren zum Beispiel, dass in Baalbek sportliche Wettkämpfe stattfanden.

Schließlich hat sich eine ganze Reihe von Steinblöcken mit Inschriften in lateinischer und griechischer Sprache erhalten. Als Einwohner einer „Colonia“ waren die Baalbeker römische Bürger und präsentierten das auch. Wir erfahren so eine einige Namen, militärische Laufbahnen, Ämterfolgen und kennen einige Priester für den Hauptgott Jupiter. Anhand der Nennung von Kaisernamen lassen sich einige Ereignisse zeitlich fassen.

Vorgeschichte

Wenn Menschen über einen langen Zeitraum an ein und derselben Stelle siedeln und dabei Abfälle produzieren, die sich immer mehr auftürmen, wächst das Gelände in die Höhe.

Im Orient finden sich immer wieder solche oft kegelförmigen Hügel, die man Tell nennt. Auch in Baalbek gibt es einen solchen Tell, der unterhalb des Jupiterheiligtums liegt.

Anhand einer 10 m tiefen Grabung gelang es an einer Stelle festzustellen, daß die Geschichte des Ortes bis in das 8. Jahrtausend vor Christus zurückreicht. Es ist die späte Steinzeit, kurz bevor die Menschen damit beginnen, Keramik herzustellen, was meist ein Zeichen für die Seßhaftigkeit ist. Baalbek gehört damit zu den am längsten besiedelten Orten der Region.

Baalbek im römischen Reich

Ein großes Problem bei Kriegen, nicht nur der Antike, besteht darin, daß ein Konflikt andere nach sich zieht. So befand sich Rom zunächst im Kampf gegen den pontischen König Mithridates VI., einem sowohl hochgebildeten als auch skrupellosen Herrscher.

Der römische Feldherr Pompeius Magnus gelangte durch die Kämpfe über Armenien bis nach Syrien, wo er schließlich im Jahre 63 v. Chr. die römische Provinz „Syria“ einrichtete.

So kam auch Baalbek unter römische Kontrolle.

Colonia Berytus

Im Jahre 15/14 v. Chr. verlieh der römische Feldherr Marcus Vipsanius Agrippa, Freund und rechte Hand des römischen Kaisers Augustus, der Stadt Beirut den Status einer „Colonia“.

Somit wurden die Bewohner römische Bürger.

Der vollständige Name, den wir aus Inschriften kennen, lautete „Colonia Julia Augusta Felix Berytus“.

Der griechische Autor Strabon, der darüber berichtet, erwähnt auch, daß Beirut ein Gebiet zugesprochen bekam, welches bis zu den Quellen des Flusses Orontes reichte. Damit ist unausgesprochen klar, daß Baalbek, noch als unbedeutender Ort, zu Beirut gehörte. Alles, was nun in Baalbek entstand, wurde in Beirut entschieden.

Römische Bauwerke in Baalbek

Tempel

Tempel sind sogenannte Sakralbauten – Gebäude, die in einer Gesellschaft dem gemeinschaftlichen Zweck der Verehrung eines oder mehrer Götter dienten.

In der Archäologie sind sie von besonderer Bedeutung, da sie meist aus haltbareren Materialien bestehen und somit gut erhalten sind.

Zudem geben sie Aufschluss darüber, wie viel Aufwand die Menschen einer bestimmten Kultur oder einer bestimmten Stadt in ein solches gemeinschaftliches Bauwerk investieren konnten und wollten.

In Baalbek wurden zur römischen Kaiserzeit einige der gewaltigsten und Tempel des Vorderen Orient errichtet. Bewundern können wir noch heute die Überreste des Jupiterheiligtums, des Bacchustempels sowie einiger kleinerer Tempel.

Römische Tempel in Baalbek: Rechts der Bacchustempel, links das Jupiterheiligtum mit den sechs noch stehenden Säulen, ein Wahrzeichen des Libanon

Jupiterheiligtum

Seit dem frühen ersten Jahrhundert, also dem Beginn unserer Zeitrechnung, wurde in Baalbek ein riesiges Heiligtum für den Gott Jupiter Optimus Maximus Heliopolitanus errichtet, daß fast 300 m lang ist.

Es besteht aus einem großen Portal, zu dem man bereits sieben Meter hoch hinaufsteigen muß, zwei Höfen und schließlich einem der größten Tempel der römischen Welt.

Der Jupitertempel stand nochmal sieben Meter über seinen Höfen und war von einem Kranz von 54 korinthischen Säulen umgeben. Er war zwischen 70 und 80 n. Chr. wohl fertiggestellt und geweiht worden.

In dem riesigen, aber nie vollendeten Podium, welches den Tempel in die Höhe hebt, liegen die drei größten Steine, die die Menschheit jemals verbaute. Jeder ist 19 m lang und wiegt gut 700 Tonnen.

Bacchustempel

Unmittelbar neben dem Jupitertempel befindet sich ein zweiter Tempel, der eigentlich sehr groß ist, neben seinem monumentalen Nachbarn aber klein wirkt.

Es gibt keine Inschriften, die uns sagen, welchem Gott er geweiht war, aber viel Bildmaterial am Bau selbst, welches auf den Weingott Dionysos/Bacchus hindeutet. Darum wird er Bacchustempel genannt.

Der Bau selbst ist so gut erhalten wie kaum ein anderer im römischen Reich. Zu seinen herausragenden Merkmalen gehören die riesige Tür, die mit den wundervollsten Reliefs umrahmt wird, sein fast vollständig erhaltener Innenraum mit einem Podest für die Kultfigur am hinteren Ende und ein große Reihe riesiger Deckenkassetten mit den Darstellungen von Gottheiten.

Nach den neuesten Forschungen ist der Tempel um 200 n. Chr. erbaut worden.

Areal Santa Barbara

Ganz in der Nähe der beiden großen Tempel befindet sich ein kleiner Bezirk mit den Resten zweier Tempel. Bei dem ersten handelt es sich um einen kleinen Bau, der vielleicht etwas älter ist als der Jupitertempel. Sein Kult war wahrscheinlich eng mit dem Wasser und den Überschwemmungen im Frühjahr, wenn das Schmelzwasser von den Bergen hinabrauschte, verbunden.

Der zweite Tempel ist ein Rundbau von solch exaltierten Formen, daß ihn schon früher europäische Reisende als barock beschrieben.

Weil seine Form ein wenig an eine Herzmuschel erinnert, wurde er auch Venustempel genannt, ein Name, der wohl nicht zutreffend ist.

Welcher Gott in dem Tempel aus dem 3. Jh. n. Chr. verehrt wurde, wissen wir nicht. Weil dieser zu einer Kirche umgeweiht wurde, heißt der ganze Bezirk heute nach der Heiligen Barbara, einer frühchristlichen Märtyrerin.

Merkurtempel

Auf dem Rücken des Stadtberges, der den Namen Sheik Abd’allah trägt, befand sich ein weiterer Tempel. Wir kennen ihn zunächst von Münzbildern und wissen daher, daß er dem Merkur, dem Götterboten und Gott der Händler, geweiht war.

Die riesige Treppe, die auf den Berg hinaufführt und auch auf den Münzen sichtbar ist, hat sich bis heute erhalten. In den 1960er Jahren gab es noch wenige Reste von ihm, die wir von alten Photos kennen. Ansonsten ist der Tempel, der wohl im 3. Jh. n. Chr. gebaut wurde, völlig verschwunden.

Ras al Ain

Im Süden der Stadt mündet eine wasserreiche Quelle in ein großes Becken, oder besser in einen eingefaßten Teich, der schon in römischer Zeit bestand. Dieser Ort wird Ras al-Ain, Kopf der Quelle, genannt. Hier finden sich sowohl die Reste eines kleinen Tempels als auch einiger halbrunder Nischen, deren Zweck nicht ganz geklärt ist.

Weitere römische Bauten

Überall in der Stadt finden sich weitere Reste der römischen Bebauung. So befindet sich unter dem in Baalbek legendären Hotel Palmyra das Theater, von dem nur wenige Steine in der Außenmauer des Hotels sichtbar sind.

Viel prominenter dagegen sind die Ruinen einer großen römischen Therme, von der eine Säulenreihe wiederaufgerichtet wurde. Direkt daneben befand sich ein großer, von Säulenreihen umgebender Hof, der vielleicht für Bankette genutzt wurde.

Ein römisches Stadttor befindet sich im Norden der Stadt, modern eingebaut in eine alte osmanische Kasernenanlage, in der heute Flüchtlinge untergebracht sind.

Im Südwesten ist eine einzelne Säule wieder aufgerichtet worden, die zu einem großen Monument, ähnlich einem Bogen oder einem Tetrapylon, gehört haben mag. Überreste einer Inschrift nennen Titus Alfius, einen der Priester des Jupiter Heliopolitanus.

Wohnhäuser

Von römischen Wohnhäusern wissen wir bisher nur sehr wenig, aber es gibt Spuren in Gestalt von kostbaren Fußbodenmosaiken, die immer mal wieder im Stadtgebiet gefunden werden. Solche Mosaiken deuten auf eine kostbare Ausstattung größerer Häuser wohlhabender Baalbeker Bürger hin.

Straßen

Drei Straßenachsen können wir sicher festmachen, bei zweien davon hat sich das römische Pflaster noch erhalten.

Eine Straße führte vom Nordttor, das einen deutlichen Ausgangspunkt bildet, bis zum hexagonalen Hof des Jupiterheiligtums, in dessen Nähe die Straße selbst erhalten ist.

Eine zweite begann spätestens beim Säulenmonument des Titus Alfius und führte an der Therme vorbei bis zum Bezirk des Rundtempels, wo noch Reste einer Säulenreihe die Straßenrahmung anzeigen. Weil hier eine Ecke erhalten ist, läßt sich eine dritte Straße erschließen, die schnurgerade bis zur Quelle von Ras al Ain führte.

Alle drei treffen am hexagonalen Hof des Jupiterheiligtums zusammen. Hier muß also schon in ältester Zeit der Ausgangspunkt für alle Wege gelegen haben.

Spätantike Bauten

In der Spätantike, also im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr., veränderte sich viel. Das Christentum wurde die bestimmende Religion im Römischen Reich. Nicht mehr die Statthalter der Kaiser waren entscheidend, sondern die Bischöfe übernahmen die lokale Macht.

Die Tempel verschwanden nach und nach, wurden zerstört oder umgebaut.

Kirchenbauten waren die neuen Leitideen. Auch in Baalbek wurde eine große Basilika im Hof Auch Baalbek wurde Sitz eines Bischofs, und es wurden Kirchen in Form von Basiliken gebaut, eine vielleicht sogar schon zur Zeit Kaiser Konstantins. Wir können den Standort dieser Basilika nicht mehr bestimmen.

Eine weitere Basilika wurde im Altarhof des Jupiterheiligtums, direkt über den Altären, zum Teil mit Trümmerstücken des Jupitertempels errichtet. Sie war mit gut 60 m Länge ein großer Bau, ausgestattet mit weiten Arkaden im Inneren. Da sie den ihren ursprünglichen Eingang auf der Ostseite hatte, dies aber später gemäß der kanonischen Auslegung, daß der Chor und der Altar einer Kirche im Osten sein sollten, verändert werden mußte, wurde umgebaut, und die Kirche bekam einen neuen Eingang auf der Westseite. Dazu aber wurde weit in die Freitreppe des Jupitertempels eingegriffen, der spätestens seit diesem Zeitpunkt als zerstört betrachtet werden muß.

Die Ruine dieser Kirche stand bis ins 20 Jh., bevor sie im Zuge der Arbeiten zur Wiedergewinnung des römischen Zustandes durch französische Archäologen und Architekten abgeräumt wurde.

Im Jahre 636 fiel Baalbek an die arabischen Eroberer aus dem Süden. Damit endete die römische Herrschaft über Baalbek, obschon die Einwohner ihr Leben relativ unbehelligt weiterführen konnten und noch lange Zeit viele Christen in Baalbek lebten.